Nach sieben Jahren Happy cat segeln haben wir es endlich getan. Wie schon im Messebericht geschrieben, haben wir uns das neue Gennakersystem zugelegt. Eigentlich war ich bis letztes Jahr immer gegen einen Gennaker. Dieses ganze Leinengetüddel und dann noch der Preis, dass war mir immer zu viel Gedöns. Aber auf der letzten Oder-Haff Tour hätte uns ein Gennaker wirklich weiter gebracht. So hatte ich dort beschlossen mich ernsthaft mit dem System zu beschäftigen. Auch ist meine Crew mittlerweile so versiert, dass sie sich der neuen Herausforderung stellen will. Denn eins ist jetzt schon klar, ohne Crew ( Vorschoterin/Vorschoter) funktioniert Gennakersegeln nicht sehr gut. Da ich gerne die Bergetube haben wollte, kam nur der neue Gennaker in Frage. An das Gennakersegel müssen zwei sehr stabile Zugschlaufen angenäht sein. Diese ermöglichen erst das Bergen des Gennakers in die Tube. Beim alten System wird der Gennaker ja auf dem Gepäcktrampolin in eine Tasche gestopft. Ich möchte schon hier an dieser Stelle anmerken, dass auch das "alte System mit der Bergetasche" nicht schlecht ist. Nicht alles was neu ist ist auch gut oder umgekehrt, was alt und bewährt ist, nicht gleich schlecht. Ich durfte beide Systeme diesen Sommer segeln und behaupte mal ganz frech, dass ich beide Systeme ganz gut beurteilen kann. Aber zu einer genauen Analyse kommen wir zu einem späteren Zeitpunkt.
Heute also starten wir unsere Gennakersaison. Es ist mitte Mai und es will einfach nicht warm werden. Aber heute sind die Bedingungen für einen ersten Gennakerversuch ideal.
Aus dem Logbuch:
Wind 3 Beaufort
Max Geschw. 17 km/h
Sonne mit Schäfchenwolken
Wasser 10 ° C
Lufttemp. ca 20° C
Also, der Norddeutsche nennt so etwas Sommer !!
Fürs Erste werden wir den Gennaker an Land setzen, um uns mit der ganzen Materie vertraut zu machen. Das geht ja schon beim Aufriggen des Gennakers und seinen 5 Leinen los. Dabei ist die Schot- leine eine lange Umlaufleine mit eben zwei Enden. Diese werden aber wie zwei Leinen gehandhabt, daher 5 Leinen.
Was haben wir an Leinen ?
Das Gennakerfall, das ist die Leine mit der der Gennaker am Mast hoch gezogen wird.
Die Stakleine,das ist die ,die vorne aus dem Bugsprit kommt.
Die Bergeleine, welche durch die Tube läuft, zum Bergen wie der Name schon sagt.
Und die umlaufende Schotleine, die ich oben schon angesprochen habe.
Zum Glück hat Grabner, wie ich finde, eine tolle knackige Anleitung zum Aufbau des Gennakers beigelegt. Hier nochmals ein Dankeschön an Grabner. Diese Anleitung spart Nerven.
Wir haben heute Glück. Einer unserer großen Top cats riggt auch seinen Gennaker auf, und so können wir uns den einen oder anderen Tipp abholen. Wir sind zwar die Exoten in unserer Cat-Gemeinde, werden aber von allen akzeptiert und umsorgt. Das ist schon klasse. Aber auch unsere Top Cat Leute bauen ihr System erst einmal an Land auf und haben, wie wir, einfach zuviele Leinen. Nun geht es für uns als erstes daran die Leinen an ihre vorgesehenen Positionen zu bringen und da fängt der Spaß schon an. Die Stak Leine muss durch den Bugsprit gefädelt werden. Natürlich habe wir keinen Draht in der passenden Länge vor Ort. Wer hat auch schon einen Draht von zwei Meter Länge bei sich. So versuchen wir es mit der einfachen Physik und siehe da mit Geduld hilft die Schwerkraft. Dauerte nur eine halbe Stunde ca., bis wir die Leine durchgefädelt hatten. Hätte schlimmer kommen können. Im Anschluß nahmen wir uns gleich die Bergeleine vor und zogen sie durch die Tube. Ging auch nicht ganz so leicht, da dieser Schlauch auch recht lang ist. Hier half uns aber eine größere Mutter die wir an die Leine binden konnten. Für nicht Techniker, nein ich habe nicht meine Mutter angebunden und durch die Tube gejagt sondern, das sind die Dinger, die auf die Schrauben kommen! Nachdem diese beiden Hürden genommen waren hieß es das Gennakerfall setzen. Dafür ist am Masttop (ganz oben) ein Blog angebracht. Durch diesen Blog wird das Gennakerfall geführt und wieder zum Mastfuß zurückgeführt. Für diese Aktion mussten wir unseren Kat auf die Seite legen. Dies ist zum Glück kein großer Akt. Nun kam die letzte Leine an die Reihe, die umlaufende Schot. mit Dieser kann man sich schon erzürnen. Hier hat uns die Grabneranleitung am Anfang sehr geholfen.
Jetzt waren alle Leinen an ihren vorgesehenen Plätzen und wir konnten das Gennakersegel an Land setzen. Wir drehten unseren Happy cat an Land so, dass der Wind leicht von hinten kommend den Gennaker aufbauschen konnte. Bei stärkerem Wind sollte man dies nicht machen, sonst hat man einen Strandsegler wider Willen.
Unser Segel steht und sieht wirklich super aus. Das bestätigen sogar unsere Top cat Leute.
Im Film sieht man ganz gut, dass es doch recht viel Stoff ist mit dem man zu kämpfen hat. Nachdem das Segel an Land stand, erhielten wir noch wertvolle Tipps von unseren Cat-Freunden. Einer dieser Tips lautet z.B. , dass wir die Stakleine etwas loser fahren sollten, damit der Gennaker besser steht. Oder ein Anderer, beim Bergen des Gennakers leicht abfallen, damit immer genügend Wind in der Blase ist. Blase ist der saloppe Begriff für den Gennaker.
Nun geht es daran den Gennaker zu bergen und in die Tube zu ziehen. Hierfür ist echtes Crewtraining von nöten. Modern würde ich es als Crew recource managment (CRM) ausdrücken. Nicht wahr Arne!
Aber da ist etwas dran. Gutes Gennakersegeln ist absolute Teamarbeit. Also los, die Absprache lautet wie folgt. Ich halte die Pinne und eine der Schoten des Gennakers. Gabi, meine Vorschoterin, muss das Gennakerfall lösen und gleichzeitig blitzschnell mit beiden Händen an der Bergeleine reißen. Mit reißen ist auch wirklich reißen gemeint. Ziel dieser Aktion ist es, den Gennker so schnell wie möglich in die Tube zu bekommen. Der Grund dafür ist folgender. Gelingt es uns nicht den Gennaker schnell zu bergen fällt er ins Wasser und wir überlaufen ihn. Zum Einen legen wir dann eine Vollbremsung hin, zum Anderen haben wir einen wunderbaren Treibanker, den wir aber nicht haben wollen. Bei der Wahl der Vorschoterin habe ich nicht aufgepasst. Ich hätte das dreiarmige Modell nehmen sollen. Irgendwie fehlt Gabi eine Hand. Ich kann ihr auch nicht wirklich helfen, da ich von der Pinne nicht wegkomme. Pinne fesstellen ist bei diesen Manövern keine Option. Gabi reißt an der Bergeleine und der Gennaker verschwindet in der Tube wie geplant. Der erste Versuch war zwar noch holprig aber das wird noch. Ich muss zugeben das dieses Verfahren recht rabiat ist und so richtig gefallen mir rabiate Lösungen nicht.
Wir üben diese Verfahren ein paar Mal an Land um in den Abläufen sicherer zu werden.
Nach diesen Probeläufen hieß es für uns rein in die Segelklamotten und ab auf das Wasser. Wir sind total gespannt wie sich unser Evo unter Gennaker machen wird. Es liegt in der Natur der Sache, dass man zum Gennakersegeln erst einmal gegen den Wind aufkreuzen muss. Außer man hat gleich den Wind von achtern und genügend Raum vor sich. Wir müssen heute erst einmal aufkreuzen bevor wir das erste Mal auf dem Wasser den Gennaker setzen können. Wie schon im Logbuch dargestellt sind die Windbedingungen heute ideal für unseren Test.
Nach dem Aufkreuzen bringe ich uns in Position. Dies bedeutet, dass ich den Kat so drehe, dass wir den Wind fast von achtern (hinten) bekommen. Wir sind beide angespannt, denn uns fehlt jegliche Erfahrung mit dem Gennaker.
"Okay, kannst den Gennaker setzen" sage ich zu meiner Vorschoterin. Gabi muss ganz gut am Gennakerfall ziehen damit das Segel aus der Tube kommt. Meine kleine Vorschoterin ist jetzt wirklich gefordert. Sie benötigt beide Hände um den Gennaker zu setzen. Dabei muss sie gleichzeitig auch noch die Gennakerschot an der richtigen Seite durchsetzen, damit die Blase ordentlich steht. Ich selbst habe zur Zeit mit der Pinne und der Großschot zu tun. Dies werde ich im Laufe unserer Übungen verändern.
Gabi bekommt das Kunststück hin und nach einem kurzen Flattern steht unser Gennaker im Wind. Toll sieht er aus und wir merken sofort, dass die zusätzlichen 11,5 qm ordentlich ziehen. Nun haben wir 23 qm Segelfläche an unserem Boot stehen.
Allerdings steht der Gennaker nicht ruhig, er tänzelt immer hin und her. Wir haben unsere Fock noch stehen und an unserem Cat ist die Fock nicht ganz klein. Ob das der Grund ist warum der Gennaker so unruhig ist ? Ich teile meiner Vorschoterin meine Gedanken mit.
"Nee" meint sie.
"Ich habe extra in unserem Katamaranbuch nachgelesen. Die Fock soll stehen bleiben, weil man sonst manövrierunfähig wird". Kommt es von ihr zurück.
Na gut, wenn die Fachleute das so schreiben. Kommt mir trotzdem komisch vor. Ich habe echte Mühe Wind im Gennaker zu behalten. Unser Kurs sieht aus als wenn ich 3 Promille intus habe. Dabei trinke ich gar kein Alkohol. Das ist kein schönes segeln.
Es wird Zeit den Gennaker zu bergen. Ich übernehme die Gennakerschot von Gabi, da sie beide Hände benötigt um das Bergesystem zu bedienen. Eigentlich benötigt sie ja noch eine Hand mehr um das Gennakerfall zu lösen. Irgendwie gelingt es aber Gabi die Sachen in Einklang zu bringen und unser Gennaker verschwindet in der Tube. Allerdings nicht ganz, was ist der Grund? Ah die vierte Leine die Stakleine vorne am Schothorn benötigt noch etwas lose. Nun verschwindet der Gennaker ganz in der Tube. Mh, ging schon ganz gut war aber noch nicht perfekt. Die Geschwindigkeit bei dem leichten Wind war schon ganz okay. Allerdings müssen wir das unruhige Segel noch in den Griff bekommen und auch das Bergen noch optimieren. Das Bergen ist ja das wichtigste überhaupt. Sollte der Wind zu stark werden, müssen wir sehen das wir die große Blase schnell in die Tube bekommen, sonst zerlegt es uns.
Gut war die erste Fahrt unter Gennaker, also noch eine Runde. Diesmal tauschen wir die Rollen, Gabi übernimmt die Pinne und ich die Vorschoterposition.
Gemütlich begeben wir uns in unsere Ausgangsposition, das heißt wir kreuzen fürs Erste gegen den Wind. In der Ausgangsposition angekommen bringt Gabi uns vor den Wind.Jetzt bekomme ich das "go" den Gennaker zu setzen. Schnell den Gennaker am Fall hochziehen und dann schnell die richtige Schot greifen und durchholen. Geschaft, der Gennaker steht, tänzelt aber wieder wie verrückt. Gabi kann keinen vernünftigen Kurs laufen.
Die Theorie aus dem Buch hin oder her, ich rolle kurzerhand unsere Fock ein und siehe da der Gennaker steht wie eine eins. Bei den großen Katamaranen ist die Fock wesentlich kleiner als bei unseren Evo´s, daher kann man da wohl die Fock stehen lassen. Bei unserem Boot muss die Fock zum Gennakersegeln eingerollt werden. Jetzt ist es perfektes Gennakersegel, das muss selbst meine Steuerfrau einräumen. Klasse wie der Gennaker bei diesem leichten Wind zieht. Kurz vor dem Ziel kommt wieder der spannende Moment des Bergens. Mir geht es wie Gabi, eine Hand zu wenig, schnell das Gennakerfall losgeworfen und ganz schnell mit beiden Händen die Bergeleine bedient. Der Gennaker verschwindet in der Tube. War zwar immer noch holprig vom Ablauf aber für das erste Mal ganz okay finden wir. Das Segeln selbst war heute mit dem Gennaker das reinste Vergnügen.
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