Wir gehen fremd

Wie schon in einem vorherigen Bericht angekündigt, haben wir uns in der Segelschule"Sail & Surf Rügen" in Altefähr für ein Wochenende einen Top cat K4x gechartert. Dieser neue Katamaran von Top cat gefällt nicht nur mir sondern auch meiner Vorschoterin.

Hier sieht man ganz gut die Höhe der Rümpfe
Hier sieht man ganz gut die Höhe der Rümpfe

Der Top cat K4x hat die gleichen Abmessungen wie unser Evo ist also ein 15 Fuß Katamaran. Er besitzt einen Hauch mehr an Segelfläche. Allerdings bringt der Top cat mit 115 Kg ca. 40 kg mehr an Gewicht auf die Waage als unser Evo. Vermutlich würden wir für diesen Kat einen Trailer benötigen. Dies bedeutet, dass wir uns im Urlaub zwischen Wohnwagen oder Boot entscheiden müssen. Zur Zeit geht beides, ohne zweimal fahren zu müssen. Ein Dachtransport scheidet aus. Es wird zwar von der Firma Top cat beworben, aber das ist auch schon alles. Ich persönlich halte dies auch eher für einen Werbegag. Im Internet findet man nur ein einziges Foto, wie sich zwei Leute quälen einen Rumpf auf ein Autodach zu wuchten. Alle Kanu und Kajakfahrer wissen wovon ich spreche, wenn man nur 25 kg mit 4 bis 5 Meter Länge auf sein Autodach wuchten muss. Auf dem Foto sieht man auch wie groß so ein Rumpf ist. Wenn man etwas nachrechnet kommt man auf ein Rumpfgewicht pro Rumpf von 40 kg, auch nicht wenig. Auf dem Wasser wirken sie immer so filigran. Top cat bietet auch keinerlei Halterungen für einen ordentlichen Dachtransport an. So würde es bei einem Trailer bleiben.

Aber dafür hat er andere Qualitäten. Uns gefällt zum Beispiel das moderne Design mit den Wave percer Rümpfen. Ja, ich weiß, das hat unser Evo auch! Aber diese Rumpfform ist bei den Festrumpfkatamaranen noch nicht so verbreitet. Man kann zum Beispiel auch keinen Platten bekommen und untergehen, siehe hierzu Erlebnis Schlei.

Das Rigg ist steifer. Man benötigt kein Werkzeug für den Aufbau.

Ich kann den Top cat alleine aufrichten, da er nicht gleich durchkentert.

Er hat einen Rollgennaker!

Gabi kann auch in das Trapez gehen, wenn wir nicht soviel Winddruck im Segel haben. Wir können nicht nach Luv kentern. Das ist auch nicht schlecht. Hier zahlen sich die 115 Kg Bootsgewicht aus.

Dies waren so für uns die wichtigsten Punkte, die uns dazu bewegt haben mit dem Gadanken an einen Wechsel zu spielen.

Natürlich spielt der Preis auch eine Rolle.

Der Blick von Altefähr nach Stralsund
Der Blick von Altefähr nach Stralsund

Der Top cat K4x in der Ausstattung, wie er hier von uns getestet wurde, liegt neu bei 14.000 Euro. Das ist für uns schon recht viel Geld.  Ungefähr doppelt soviel wie unser Evo gekostet hat.

Nun wollen wir sehen wie sich der K4x, so nenne ich diesen Kat ab jetzt, im wahren Leben verhält.

Ich bin der Auffassung, dass man ein Boot vor dem Kauf immer testen sollte. Passt das Boot zu mir ? Passe ich zu diesem Boot?

Wir reisen am Samstag Morgen im September in Altefähr an. Die Segelschule Sail & Surf von Knut Kunstoff liegt direkt am Hafen. Altefähr ist ein kleiner gemütlicher Yachthafen und liegt direkt gegenüber von Stralsund. Wir sind wie immer zu früh dran, aber das macht nichts. Wir haben bei Knut ein kleines Zimmer gebucht. Die Rezeption macht erst gegen 10:00 Uhr auf und jetzt ist es erst 08:30 Uhr. Zu unserem Glück gibt es gleich nebenan ein kleines Cafee´, wo wir schön frühstücken können. Wir können vom Cafee` aus direkt auf die Stralsunder Altstadt blicken. Zu allem Überfluß haben wir heute tatsächlich einen Sommertag erwischt. Das ist dieses Jahr wirklich eine Kunst gewesen einen Sommertag abzubekommen. Das macht die ganze Sache noch wesentlich schöner.

Nach dem Frühstück schauen wir uns die Katamarane von Knut an. Es liegen ein Haufen Hoby 20 Tiger auf der Pier und drei Top cats. Einer davon ist der von uns gecharterte K4x. Er liegt neben einem K1 und wirkt dagegen winzig. Wir schauen uns in Ruhe das Objekt der Begierde an. Dabei kann ich Gabi schon einige Besonderheiten erklären.

Ich habe mir eine Lehrstunde auf einem Top cat K1 bei uns auf dem Platz gegönnt. Jörn, unser Top cat Freek, war so nett und hat mit mir einen Nachmittag lang trainiert. Das war sehr gut, dabei habe ich auch erfahren wie hoch doch die Endstabilität dieser Kats auf einer Kufe sind. Das bin ich  nicht gewohnt von unseren Rümpfen. Geht auch nicht, da unsere Rümpfe rund sind. Aber diese Erfahrung war schon gut. Auch gut war, die Unterweisung in die Takelung und in die Ruderanlage. Das hat uns hier in Altefähr schon gut geholfen.

 

Das Segelzeug dekorativ zum Trocknen ausgebreitet
Das Segelzeug dekorativ zum Trocknen ausgebreitet

Es ist mittlerweile 10:00 Uhr geworden und wir melden uns bei der Rezeption an. Knut nimmt uns herzlich in Empfang, ist aber ein wenig im Stress. Heute Vormittag, so gegen 11:00 Uhr, plant er mit den 6 Hoby´s eine Tour rund Hiddensee. Da er diese Tour mit einem großen Schlauchboot begleitet übergibt er uns einem seiner Segellehrer.

Als erstes beziehen wir unser schönes Zimmer direkt in der Segelschule. Danach geht es wieder zurück an die Pier. Wir schauen den Hoby´s bei ihrem Start zu. Bei dieser Gelegenheit können wir gleich sehen wie die Katamarane von der Pier zu Wasser kommen. Sail& Surf hat noch eine kleine Rampe gebaut, welche wir nicht gleich gesehen haben. Sind die Kat´s dort erst einmal im Wasser, kann man recht komfortabel starten. Von der öffentlichen Slipanlage wäre man direkt im Hafenbecken gelandet. Um von dort zu starten ist es erforderlich einige Mannöver auf engem Raum zu segeln. Das ist nichts für Anfänger, daher hat man sich für die seitliche Slipanlage entschieden. Bei der Anlage von Sail & Surf kann man mit einem Schlag auf den Sund hinaussegeln.

Gegen 12:00 Uhr sind alle Hoby´s los und wir takeln mit unserem Segellehrer den kleinen K4x auf. Klar ist , dass wir den Rollgennaker mit auftakeln. Dies ist ja einer der wichtigsten Testpunkte. Nach dem Auftakeln ziehen wir unsere Segelklamotten an. Heute ziehen wir sogar unter unsere Trockenanzüge noch einen Fließoverall. Wir richten uns auf 4 Stunden segeln ein, da ist es besser wenn man etwas wärmer angezogen ist. Der K4x  wird auf einen Slippwagen gewuchtet, analog unserem den wir auch für unseren Evo verwenden. Danach ziehe ich ihn aus seiner Parkbucht. Obwohl der Untergrund Asphalt ist, lässt er sich nicht ganz leicht ziehen. Es erstaunt mich schon etwas, was hier 40 Kg mehr ausmachen.

Bevor wir den K4x zu Wasser lassen fragt uns unser Segellehrer ob wir auf unserem Evo auch Gennaker segeln. Dies können wir bejahen. Nun kommt eine recht ungewöhnliche Frage von ihm. " Wie fahrt ihr euer Großsegel"?

"Wir fahren es relativ offen, damit ich den Wind gut nutzen kann" ,antworte ich ihm.

" Besser ist es ihr holt das Großsegel dicht und fahrt es nur mit dem Traveler auf. Unsere Kat´s haben ja kein Achterstag und es kann euch sonst passieren, dass der Mast nach vorne kippt!" Ist seine Erklärung.

Das hat was, dass stimmt!! So übernimmt das Großsegel mit seiner Schot die Funktion des Achterstags.

Super Hinweis, so einen Hinweis weiß ich zu schätzen.

Wir bedanken uns für den tollen Tipp und bringen den K4x zu Wasser.

Wir starten wie immer. Gabi will auf das Trampolin, kommt aber nicht so recht rauf. Der K4X liegt wie auf dem nebenstehenden Bild zu sehen jetzt an einer Boje. Hier ist das Wasser aber zu tief für meine kleine Vorschoterin. Nicht nur das Wasser ist zu tief sondern auch die Rümpfe sind höher als bei unserem Evo. Das kann man ganz gut auf dem ersten Foto sehen. So ziehe ich den K4x wieder ein Stück Richtung Rampe. Meine kleine Chefin hat echt Mühe auf das Trampolin zu kommen. Aber sie schafft es doch! Die Technik an Bord, sprich die Leinenführung ist im Grunde die gleiche wie bei unserem Evo. Der größte Unterschied ist die Ruderstange mit dem langen Pinnenausleger und die Travelerschiene mit Schlitten. Gabi bereitet auf dem Trampolin alles für den Start vor und ich ziehe den K4x wieder in etwas tieferes Wasser.

Der Wind kommt mit der Stärke 2-3 Bauefort aus Nord-Ost. Dies ist für uns ein sehr guter Wind, um gut aus der kleinen Bucht segeln zu können. Wie man oben sehen kann haben wir links einen Bootssteg und rechts wo ich gerade als Fotograf stehe die Mole. Weiterhin ist der Wind nicht zu stark, so können wir uns an das neue Boot gewöhnen.

Gabi ist auf dem Trampolin klar und hat sich an die Pinne gesetzt. Wir sprechen ab welches Manöver sie segeln muss, um uns gut aus dem Hafen zu bringen. Ich schiebe den K4x in den Wind und wuchte mich auf das Trampolin. Auch ich merke die paar cm mehr an Höhe der Rümpfe. Nachdem ich mich so sortiert habe, übernehme ich die Pinne von Gabi und bringe uns auf den Sund hinaus. Wir verlassen den Hafen nur unter Großsegel und haben die Ruderblätter nicht ganz unten. Trotzdem lässt sich der K4x perfekt steuern, vor allem ohne Ruderdruck. Das ist bei unserem Evo etwas anders. Wenn dort das Ruderblatt nicht ganz senkrecht steht, hat man sofort einen enormen Ruderdruck.

Sobald wir die Mole passiert haben zieht Gabi die Fock raus. Es steht eine ganz schöne Welle im Sund. Zum Teil wird sie von dem regen Schiffsverkehr verursacht.  Wir laufen erst einmal auf Stralsund zu. Wir segeln vorsichtig, ich muss mich erst an das Boot und das Gewässer gewöhnen. Ich sage immer, dass ich sowohl das Gewässer wie auch ein neues Boot mit dem Hintern erspüren muss. Der K4x segelt sich bis jetzt nicht schlecht. Wir fühlen uns sicher und das ist in meinen Augen das Wichtigste. Der K4x geht gut durch die Wellen, wenn er genügend Druck im Segel hat. Was uns positiv auffällt, dass er bei diesem Wellengang recht trocken segelt. Gut, mit unserem Evo würde ich hier heute härter an den Wind gehen und mehr Geschwindigkeit laufen, aber man muss es ja nicht immer krachen lassen. Wir kreuzen etliche Bahnen hin und her und wir bekommen ein Gefühl für den K4X . Jetzt habe ich auch genügend Druck im Segel so dass Gabi sich in das Trapez begeben kann. Das gefällt ihr ganz gut. Vor allem, wenn wir in ein Windloch laufen muss sie nicht gleich wieder auf das Trampolin sondern kann draußen stehen bleiben.

Ich habe dagegen als Steuermann ein ganz eigenes Problem. Ich rutsche auf dem Trampolin und finde keine gute Möglichkeit mich gut zu verkeilen. Die Festrumpfkatamarane haben alle die Ausreitgurte recht weit außen auf dem Trampolin angebracht. Bei unserem Evo befindet sich dieser Ausreitgurt in der Mitte vom Trampolin und da kann ich mich mit den Füßen gut arretieren. Heute ist der Wind nicht so stark, dass ich mich soweit außenbords begeben muss dass ich mich unter den Ausreitgurten des K4x arretieren kann. Das macht die Sache recht anstrengend für mich.

Auf jeden Fall weiß ich jetzt warum bei uns ein Topcat K1 seinen Steuermann verloren hat. Der ist einfach vom Trampolin gerutscht und weg war sein Top cat. Da er alleine unterwegs war, war diese Nummer recht unangenehm. Erst habe ich gar nicht verstanden wie so etwas überhaupt passieren kann. Aber nun weiß ich es und kann es nachvollziehen.

Im Großen und Ganzen fühlen wir uns hier auf dem Kat wohl. Es sind glaube ich drei Stunden um, und ich weiß nicht mehr wie ich sitzen soll. Das kenne ich nun gar nicht von unserem Schlauchi. Da sitze ich auf den Rümpfen wie auf einem Sofa. Ich bitte Gabi die Pinne zu übernehmen, da ich wirklich mit dem Sitzen Probleme bekomme. Gabi übernimmt und ich lümmel mich auf das Trampolin. Ah, dass tut wirklich gut. Beine ausstrecken und nicht mehr auf dem harten Rumpf sitzen. Während wir so unsere Schleifen über den Sund drehen bemerkt Gabi, dass sie die Großschot hier wesentlich besser bedienen kann als bei unserem Evo.

" Woran liegt das"? fragt sie mich.

"Es liegt am Traveler, unsere Konstruktion beim Evo führt zu einem Dreieck, wo der untere Schotblock recht hoch sitzt. Das bedingt, dass wir die Schot beim Einrasten recht hoch ziehen müssen. Hier sitzt der Untere Schotblock niedriger, direkt auf dem Schlitten der Travelerschiene, das macht das Ganze für Dich so angenehm. Nebenbei bemerkt, empfinde ich es auch sehr angenehm zu bedienen" antworte ich Gabi.

"Das ist ein absoluter Pluspunkt für den K4x " kommt es von meiner Crew.

Mittlerweile sind wir ein ordentliches Stück von Stralsund entfernt und wollen auf dem Rückweg den Rollgennacker testen.

Da ich immer noch rumjammere, dass mir der Hintern weh tut, bleibt Gabi an der Pinne. Ich bereite alles vor um den Gennacker auszurollen.

Gabi bringt uns vor den Wind und holt wie vorhin gelernt die Großschot dicht und fährt dafür den Traveler ganz weit auf. Ich bekomme von ihr das Go und rolle den Gennacker aus. Schon steht er und wir rauschen dahin. Das geht ja wirklich super!! Wir lassen es fürs erste laufen und genießen die tolle Fahrt.

Nach geraumer Zeit bitte ich Gabi doch um ein Bergemannöver um zu sehen wie sich der Rollgennaker bergen lässt. Gabi fällt etwas ab und ich rolle einfach den Gennaker weg. Kein Getüddel, kein Stress, alles ganz einfach. Einfach genial!! Wir sind beide total begeistert und fahren noch zweimal dieses Manöver. Es klappt wunderbar. Ich frage mich jetzt allen Ernstes wer sich den Sch... mit der Tube ausgedacht hat, die man an jedem Kat sieht. Im Vergleich zu dem Rollgennaker ist die Tube Murks.

Wieder ein riesiger Pluspunkt für den K4x.  So ganz langsam nähern wir uns wieder dem Hafen Altefähr und es wird Zeit sich für das Hafenmanöver vorzubereiten. Gabi kann zwar diese Manöver auch fahren, fühlt sich aber besser, wenn ich das mache. Gerade im Hafenbereich kommen doch mal unvorhergesehene Dinge vor und dann ist superschnelles Reagieren erforderlich. da traut sie ihrer Seemannschaft nicht so recht und verlässt sich lieber auf mich. Das ist aber auch okay so, ich habe es schließlich gelernt, Wasser ist mein Element.

Der Gennaker wird eingerollt und auch die Fock verschwindet auf Höhe der Mole, das Großsegel wird mit dem Traveler geöffnet, um die Fahrt aus dem Kat zu nehmen. Wir gleiten in das Hafenbecken und ich fahre einen Aufschießer bei der Boje. Natürlich alles unter den Augen der vielen Touris, die sich auf der Mole tummeln. Meine Vorschoterin springt ins Wasser wie gehabt um den Kat gegen den Wind zu halten.

Was ich nicht bedacht habe , ist, dass wir hier eine Wassertiefe von ca. 1,70 bis 1,80 Meter haben. Meine Vorschoterin ist nicht so groß und weg ist sie! So ein Mist.

Schnell taucht sie wieder auf, hat ja eine Schwimmweste um und den Trockenanzug an. Ich schmeiße schnell alles los und jumpe ebenfalls über Bord. Ich kann hier stehen und den Katamaran sichern.

Ich schiebe den Kx in seichteres Wasser und Gabi kann erneut an Bord klettern und alles abtakeln. Danach holen wir den Kat aus dem Wasser.

Wir sind uns einig , dass war heute ein gelungener Testtag. Wir hatten super Wetter mit genau dem richtigen Wind für uns.

Während eines leckeren Abendessen führen wir eine gründliche Analyse des Tages durch.

Morgen wollen wir nochmals auf das Wasser und eine endgültige Entscheidung treffen.

Wir haben ein Angebot von Knut erhalten diesen K4x zum Ende der Saison 2017 zu erwerben. Das hört sich reizvoll an. Es geht mit den Argumenten hin und her.

Im nächsten Blogbericht fällt die Entscheidung!

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